In Anlehnung an die Petition „Wir fordern Schwangerschaftsabbrüche am Städtischen Klinikum für alle ungewollt Schwangeren“ des Karlsruher Bündnisses für das Selbstbestimmungsrecht der Frau* fordern wir als Grüne Jugend Karlsruhe, dass Informationen zum Schwangerschaftsabbruch leichter zugänglich gemacht werden. Zudem sollen die Kapazitäten für die Durchführung von Schwangerschaftsabbrüchen erweitert werden. Die Terminfindung für Beratungsgespräche und den eigentlichen Eingriff müssen möglichst unkompliziert gestaltet werden.
Bislang wird eine Abtreibung (ungewollt) Schwangeren absichtlich erschwert. Schwangerschaften werden nicht immer sofort bemerkt. Bis eine Frau überhaupt über ihre Schwangerschaft Bescheid weiß, können mehr als vier Wochen vergehen. Die Menstruation kann auch trotz Schwangerschaft einsetzen, während das Ausbleiben der Menstruation nicht unbedingt auf eine Schwangerschaft hindeuten muss. Im Falle einer ungewollten Schwangerschaft muss die Frau einen Termin zur Beratung vereinbaren. Mit dem nach 3 Tagen erstellten Beratungszertifikat kann die Frau schließlich den Eingriff vornehmen lassen. Mindestens drei Hürden, welche es der (ungewollt) schwangeren Frau erschweren, in der knappen Zeit bis zur 12. Schwangerschaftswoche einen Abbruch tatsächlich durchführen zu lassen.
Erst kürzlich wurde § 219a des Strafgesetzbuches abgeschafft, der es unter Strafe gestellt hat, Informationen über die Methoden, Durchführung und Risiken von Abbrüchen öffentlich zu machen. Derartige Aufklärungsarbeit durch Ärzt*innen wurde mit verbotenem Werben für Abbrüche gleichgesetzt.
Die Abschaffung des § 219a StGB ist ein kleiner Schritt in die richtige Richtung. Es existieren jedoch weiter die §§ 218 ff. des Strafgesetzbuches, die ebenso wie § 219a StGB ein veraltetes Frauenbild repräsentieren und Frauen kriminalisieren, anstatt sie in einer selbstbestimmten Entscheidung zu unterstützen! Die Gesetze im Strafgesetzbuch stammen aus einer Zeit, in der Frauen eine untergeordnete Rolle gespielt haben und das Patriarchat das Leben bestimmt hat. So wie an vielen Stellen leider heute noch. Daher ist es jetzt an der Zeit, auch das Recht der Schwangerschaftsabbrüche endlich zu erneuern und einem selbstbestimmten Frauenbild anzupassen!
Schwangerschaftsabbrüche stehen grundsätzlich unter Strafe, sowohl für durchführende Ärzt*innen als auch für die schwangere Frau. Das heißt, Frauen, die sich gegen ein Kind entscheiden, werden kriminalisiert! Die §§ 218 ff. StGB stehen im selben Kapitel wie § 211 StGB Mord im Strafgesetzbuch.
Nach aktueller Gesetzeslage ist ein Schwangerschaftsabbruch nur unter strengen Voraussetzungen straffrei:
- nach der Beratungsregelung (nach Beratung in einer zugelassenen Beratungsstelle, die ein erforderliches Beratungszertifikat für die Abtreibung ausstellt, wenn der Abbruch bis zur 12. Schwangerschaftswoche vorgenommen wird),
- nach medizinischer Indikation (Gesundheit des Fötus und/oder der schwangeren Frau ist gefährdet),
- nach kriminologischer Indikation (Vergewaltigung, wenn der Abbruch bis zur 12. Schwangerschaftswoche durchgeführt wird).
Am Karlsruher Klinikum werden nur Schwangerschaftsabbrüche nach medizinischer und kriminologischer Indikation (d.h. nach obiger Ziffer 2 und 3) durchgeführt.
(Quelle: https://www.change.org/p/an-den-aufsichtsrat-des-städtischen-klinikum-karlsruhe-und-seine-vorsitzende-schwangerschaftsabbrüche-für-alle-ungewollt-schwangeren-am-städtischen-klinikum-karlsruhe)
Bundesweit wurden 309 öffentliche Kliniken mit Gynäkologie in einer Befragung erfasst. Die Verteilung der durchgeführten Schwangerschaftsabbrüche verteilt sich folgendermaßen auf die Indikationen:
- Beratungsregelung: 18 Kliniken in Baden-Württemberg (118 Kliniken in Deutschland)
- Medizinisch: 35 Kliniken in Baden-Württemberg (178 Kliniken in Deutschland), Karlsruhe gehört ebenfalls dazu
- Kriminologisch: 20 Kliniken in Baden-Württemberg (134 Kliniken in Deutschland), Abweichung zu Petition: Karlsruhe taucht nicht in der Liste der Quelle (s.u.) auf
(Quelle: https://correctiv.org/aktuelles/gesundheit/2022/03/03/keine-abtreibungen-in-vielen-oeffentlichen-kliniken/#staedtisches-klinikum-karlsruhe, Von Antonia Groß, Jonathan Sachse, Max Donheiser, Miriam Lenz und Sophia Stahl, Stand: 03.12.2021)
Die öffentliche Daseinsvorsorge für Frauen in Karlsruhe und Umgebung ist folglich unzureichend. Das Recht auf angemessene Gesundheitsversorgung ist ein Menschenrecht, somit auch ein Frauenrecht. Wer heute sein Recht auf körperliche Selbstbestimmung durchsetzen will, muss sich Sorgen über eine Geldstrafe und/oder Freiheitsstrafe machen? Ja, richtig gehört – obwohl wir uns aktuell im 21. Jahrhundert befinden!
Als Grüne Jugend Karlsruhe fordern wir, dass das Klinikum Karlsruhe ebenfalls Schwangerschaftsabbrüche nach der Beratungsregelung sowie nach kriminologischer Indikation durchführt. Zudem fordern wir eine komplette und ersatzlose Streichung der § 218 – § 219 StGB. Die Entscheidung über Schwangerschaftsabbrüche hat nichts im Strafgesetzbuch zu suchen, sondern muss jeder Frau selbst überlassen sein!
Das ambulante gynäkologische OP-Zentrum am Klinikum Karlsruhe muss seiner solidarischen Pflicht nachkommen, Schwangerschaftsabbrüche anzubieten. Dabei hilft es auch nicht, auf die aktuelle Überlastung in den Kliniken hinzuweisen. Diese besteht schon seit Jahren und hat sich durch die COVID-19-Pandemie nun noch weiter verstärkt. Dies entbindet das öffentliche Klinikum jedoch nicht von der Pflicht, den Zugang zu Schwangerschaftsabbrüchen in Karlsruhe sicherzustellen! Hier geht es um fundamentale Rechte!
Als wichtige Ausbildungsstätte in Baden-Württemberg muss das Klinikum eine Vorbildfunktion einnehmen und das Durchführen von Schwangerschaftsabbrüchen in die fachärztliche Ausbildung aufnehmen. Darüber hinaus ist es wichtig, die Thematik rund um Abtreibung in die Schulbildung aufzunehmen, wo es in mehreren Fächern aus verschiedenen Perspektiven beleuchtet und diskutiert werden sollte.
Außerdem verlangen wir, dass die Stadt und das Karlsruher Klinikum auf ihren Webseiten über die nach der aktuellen Regelung notwendigen Schritte von der Beratung bis zur Abtreibung zu informieren. Anlaufstellen, Beratungsstellen, Kliniken und Arztpraxen in der Umgebung sollen aufgelistet werden. Eine solche Liste ist zum Schutz aller Beteiligten höchst vertrauenswürdig zu behandeln. Daher soll die Liste nur schwangeren Frauen, die eine Abtreibung in Erwägung ziehen, zugänglich gemacht werden. Mit der Bereitstellung von Informationen soll das Vorgehen bei einem Schwangerschaftsabbruch für die Betroffenen transparent gemacht werden.
Wir können nicht zulassen, dass ein Schwangerschaftsabbruch aufgrund fehlender Kapazitäten nicht vorgenommen wird. Die Stadt muss dafür sorgen, dass jede Frau in Karlsruhe und der näheren Umgebung einen Termin für den Eingriff im Karlsruher Klinikum erhält. Die Verantwortung darf nicht auf kleine, private Praxen abgeschoben werden, die bereits durch den alltäglichen Betrieb überlastet sind. Abtreibungen nach Beratungsindikation fallen nach Aussage des Klinikums Karlsruhe in das Aufgabenfeld der ambulanten Versorgung. Da das Karlsruher Klinikum eine ambulante Gynäkologie aufweist, sehen wir das Klinikum in der Pflicht, Schwangerschaftsabbrüche auch nach Beratungsindikation vorzunehmen. Außerdem besitzt das Klinikum die notwendige Ausstattung und Qualifikation, Schwangerschaften nach allen Indikationen abzubrechen und die privaten Praxen zu entlasten und zu unterstützen.
Wir fordern den Karlsruher Gemeinderat auf, unsere Anliegen in die Sitzungen einzubringen.
Wir freuen uns über einen Austausch und Unterstützung unserer Forderungen.